Es ist recht spannend, wenn man aktuelle Entwicklungen in der Straßengüterverkehrsbranche betrachtet. In den USA sind Lkw mit Erdgasantrieb aufgrund der gestiegenen Dieselpreise und verschärften Emissionsrichtlinien auf dem Vormarsch. Unter gewissen Voraussetzungen ist es mit gasbetriebenen Lkw möglich, die Abhängigkeit von Öl sowie den Emissionsausstoß des Straßengüterverkehrs zu mindern.
Durch strukturelle Änderungen der Verteilernetze ist die kürzere Reichweite mit einer Tankfüllung von 350 bis 400 Kilometern kein Problem. Das Interstate Highway-Netz gibt die Struktur des notwendigen Tankstellen-Netzes vor, durch die Veränderung weg von reinen Linienverkehren hin zu Hub-and-Spoke-Netzes sinken die Fahrweiten.
Jedoch ist die Kraftstoffeffizienz von mit Flüssigerdgas betriebenen Fahrzeugen im Vergleich zu dieselbetriebenen Fahrzeugen niedriger. Der Energiegehalt von Flüssigerdgas liegt 23% unter dem Energiegehalt von Diesel. Hinzu kommt ein höheres Fahrzeuggewicht durch die isolierten Tanks, die je etwa 230 Kilogramm zusätzliches Gewicht bedeuten. Nichtsdestotrotz könnten LNG-Trucks insbesondere in Nordamerika an Bedeutung gewinnen.
ARTIKEL ZULETZT AKTUALISIERT AM 07.02.2017
Informationen zu den beiden deutschen Teststrecken in Hessen und Schleswig-Holstein wurden hinzugefügt.
Elektrifizierung der Lkw-Flotte
Ein weiterer Trend im Lkw-Bereich ist die zunehmende Elektrifizierung der Flotten. Zunehmend werden Hybrid-Versionen auf den Markt gebracht. Alle großen Hersteller haben entsprechende Fahrzeuge mittlerweile in Feldversuchen getestet. Die Wirkungsgrade moderner Motoren sind nur noch in Grenzen steigerbar, strengere Abgasnormen und steigende Anforderungen an die Transporteffizienz stellen die Nutzfahrzeughersteller allerdings weiterhin vor große Herausforderungen.
Problematisch ist zurzeit vor allem das Fehlen einer für den Nutzfahrzeug-Bereich tauglichen Batterie. Der Fahrzeugmehrpreis, die erhöhten Wartungskosten und die begrenzte Lebensdauer der Hochleistungskondensatoren (im NFZ-Bereich kommt vorrangig der Parallelhybrid zum Einsatz) lassen die Anschaffung entsprechender Nutzfahrzeuge derzeit noch unattraktiv erscheinen. In der kostensensitiven Transportbranche dürfte der Hybrid-Lkw im Fernverkehr noch einige Jahre auf sich warten lassen. Andere Konzepte versuchen, auf schwere und teure Batterien zu verzichten.
MAN-Vorstandssprecher Georg Pachta-Reyhofen sagte auf dem Nutzfahrzeugsymposium des Verbandes der Automobilindustrie im Jahr 2011, dass eine Batterie für schwere Nutzfahrzeuge etwa sechs Tonnen wiegen und im günstigsten Fall 300.000 Euro kosten würde.
Heutige Brennstoffzellen sind für 10.000 bis 15.000 Betriebsstunden ausgelegt, was für den Pkw-Verkehr mit seinen hohen Standanteilen ausreichend sein dürfte. Im Güterverkehr ist die Nutzungsdauer allerdings viel zu gering.
Die kontaktlose Stromübertragung mittels Induktion wäre ebenfalls denkbar, allerdings sind die Schutzsysteme vor magnetelektrischer Strahlung sehr aufwendig und der Wirkungsgrad im Vergleich zur direkten Stromabnahme an einem Fahrdraht geringer.
Um den Güterverkehr abseits schwerer Batterien und technisch noch nicht ausgereifter Konzepte dennoch elektrifizieren und dadurch effizienter und umweltfreundlicher gestalten zu können, wurden in jüngster Vergangenheit einige Ansätze vorgestellt, die auf konduktive Übertragungswege setzen. Den Anfang machten die Unternehmen Swedish Electrical Roads, Volvo Powertrain Corporation AB, Scania CV AB, Balfour Beatty Rail AB, ELFORSK AB, Mälardalen University, BAE Systems Hägglunds AB und das schwedische Verkehrsministerium mit ihrem Vorschlag, in Schweden eine einhundert Kilometer lange Strecke mit Fahrdraht zu versehen und die zum Antrieb notwendige Energie aus der Oberleitung zu beziehen.
SIEMENS eHighway
Siemens folgte mit dem eHighway, dessen Konzept Anfang Mai 2012 auf dem 26. Electric Vehicle Symposium in Los Angeles vorgestellt wurde. Das eHighway-Konzept ist das Ergebnis des Forschungsprojekts „Elektromobilität bei schweren Nutzfahrzeugen zur Umweltentlastung von Ballungsräumen“ (kurz: ENUBA), das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit 2,16 Millionen Euro (Gesamtkosten bisher: 5,4 Millionen Euro) gefördert wurde. Das gesamte Konzept inklusive Teststrecke wurde innerhalb von 15 Monaten umgesetzt, der Verwendung von Bahntechnik sei Dank.
Genau wie herkömmliche Lkw verfügt auch der im eHighway-System genutzte Lkw über einen Verbrennungsmotor. Im Dieselbetrieb wird dessen Leistung an einen Generator übertragen, der wiederum den nachgeschalteten Elektromotor und damit die Kardanwelle antreibt. Für Generator und Fahrmotor wurden permanent erregte Drehstrom-Synchronmaschinen gewählt, da der Wirkungsgrad bei selbsterregten Motoren im Vergleich zu elektrisch erregten Motoren höher ist.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Lkw überprüft ein in den eHighway-Fahrzeugen verbauter Laser-Scanner kontinuierlich, ob die Fahrbahn über eine Oberleitung verfügt. Ist diese vorhanden, wird der Pantograph an die Oberleitung angelegt und der Elektromotor direkt mit elektrischer Energie versorgt. Bei Fahrdrahtunterbrechung stellt der eHighway-Lkw automatisch auf den Diesel-Hybridantrieb um.
Neben Diesel können auch Benzin- oder Flüssiggasmotoren eingebaut werden. Ebenso möglich wäre der Einbau von Brennstoffzellen, Gasturbinen und Batterie-Stacks. Für den Testbetrieb im Rahmen des Forschungsprojekts ENUBA wurden zwei serienmäßige 18-t-Lkw von Mercedes Benz umgerüstet. Entstehende Bremsenergie kann in Kondensatoren im Fahrzeug gespeichert oder wieder zurück in das Netz gespeist und dort von anderen Lkw in unmittelbarer Nähe genutzt werden. Auf viel befahrenen Autobahnen sollte das Finden eines Abnehmers kein Problem sein. Falls die rekuperierte Energie nicht direkt im Netz gespeichert werden kann, wäre eine Zwischenspeicherung durch Schwungräder, etc. denkbar. Im Forschungsprojekt ENUBA 2 steht die optimierte Integration von Antriebstechnik und Stromabnehmer in das Fahrzeug sowie die Bereitstellung der erforderlichen Verkehrssteuerungssysteme im Fokus. Zudem wird der Einsatz von Sattelzügen statt Gliederzügen getestet. Hierfür wurde eine Scania-Zugmaschine entsprechend umgerüstet.
In Deutschland erbringen 30 Prozent der Lkw (ca. 100.000) über 12 Tonnen 70 Prozent der Fahrleistung. Die im Fernverkehr eingesetzten Lkw legen etwa 85 Prozent der Jahresfahrleistung auf der Autobahn zurück. Ein Großteil der Autobahn-Fahrleistung entfällt auf das Kernautobahnnetz bestehend aus den Autobahnen A 1 bis A 10. Eine Elektrifizierung dieses Kernnetzes wäre mit dem Bau von Oberleitungen auf 5.700 Kilometern möglich.
Die Infrastruktur
Der benötigte Traktionsstrom wird mit Transformator und Gleichrichter aus dem öffentlichen Mittelspannungsnetzstromnetz entnommen und der Drehstrom in Gleichstrom mit 650 Volt Spannung umgewandelt. Ein gesteuerter Wechselrichter speist Rekuperationsstrom in das öffentliche Mittelspannungsnetz zurück. Eine Spannung von 650 Volt wurde als Kompromiss gewählt, um die Anschaffungskosten der Fahrzeuge nicht allzu teuer werden zu lassen. Eine Spannung von 1 kV oder sogar 3 kV wäre fahrleistungstechnisch durchaus denkbar gewesen.
Laut Siemens soll die Rentabilitätsschwelle für den Fahrzeugeigentümer bereits nach einigen zehntausend Kilometern Fahrleistung überschritten werden.
Die Straße wird mit zwei parallelen Fahrdrähten im Abstand von 1,35 Meter ausgestattet. Gummibereifte Fahrzeuge benötigen stets ein zweipoliges System mit Hin- und Rückführung des Stroms. Der Fahrdraht selbst ist ein aufgehängtes Kettenwerk mit ein- und auszweigenden Fahrdrähten. Tragseil und Fahrdraht werden für eine verschleißarme Stromübertragung über eine Nachspanneinrichtung im Inneren der Abspannmasten ständig mechanisch nachgespannt.
Die Unterwerke sind platzsparend in Containern untergebracht, müssen allerdings aufgrund der geringen Spannung alle 2.000 bis 3.000 Meter installiert werden.
Das System wird derzeit auf einer 2,1 Kilometer langen Teststrecke auf dem Gelände eines ehemaligen Militärflughafens in Groß Dölln nördlich von Berlin ausgiebig getestet. Mehrere tausend Kilometer Testfahrten wurden bislang, auch mit Anhänger und 40 Tonnen Gesamtgewicht, durchgeführt:
Der Stromabnehmer
Der Stromabnehmer basiert auf zwei Obus-Stromabnehmern als Tragarm, die über einen Querträger aus Glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) miteinander verbunden sind. Die beiden Peitschen wurden auf sechs Meter eingekürzt. Der Hub des Stromabnehmers beträgt 1,10 Meter.
Die beiden auf dem Querträger befestigten Schleifleisten-Wippen stammen aus der Bahntechnik. Die Position und die Andruckkraft an die Fahrleitung werden mittels mehrerer Sensoren, einem elektrischen Servomotor und pneumatischer Muskeln gesteuert. Dieses System gleicht Fahrbewegungen aus und mindert den Verschleiß.
Um etwaige Kurzschlüsse und andere elektronische Störungen zu vermeiden, sind mehrere Sicherheitsvorkehrungungen getroffen worden. Am Ende der Schleifleisten befindet sich jeweils ein Hörnchen aus nicht-leitendem Material. Da die Fahrerkabine an allen vier Lagerpunkten mit Luftfedern ausgestattet ist, neigt sich die Kabine insbesondere bei Bremsvorgängen nach vorne. Aus diesem Grund war eine Befestigung des Stromabnehmers direkt auf dem Kabinendach nicht möglich. Der Stromabnehmer und die dazugehörige Elektronik sind nun in einem ein Meter langen Gehäuse untergebracht, das direkt am Grundgestell befestigt ist. Diese Konstruktionsweise verringert den Laderaum um einen Meter.
Der Stromabnehmer wurde in weniger als einem Jahr neu konzipiert. Am 28.08.2010 erging der Auftrag mit dem Arbeitstitel „Invers-Trolley“ an die Abteilung in Berlin. Bereits am 22.06.2012 war der in die Lkw integrierte Pantograph überführungsbereit.
Steuerungstechnik
Die Steuerung des Systems wird von zwei Bordrechnern übernommen. Der Pantograph Control Computer (PCC) steuert die Stromabnehmer, der Scanner-Computer ist für die Signalverarbeitung des Laserscanners zuständig. Die Software basiert auf einem speziellen Framework, das plattunabhängig verwendet werden kann. Über ein VPN und eine UMTS-Verbindung kann von außerhalb auf die Steuerrechner zugegriffen werden und beispielsweise Werkstätten die Möglichkeit gegeben werden, über Smartphone-Anwendungen den Systemzustand festzustellen.
Ein Laserscanner, der unterhalb des vorderen Kennzeichens montiert ist, scannt in 30 ms-Abständen ein bestimmtes Winkelsegment und das nachgelagerte Licht. Aus diesen Informationen wird die Geometrie der Oberleitung bestimmt und mit der aktuellen Fahrposition abgeglichen. Bei einem Komplettausfall des Rechnersystems erkennen induktive Sensoren an der Wippe weiterhin die Lage der Oberleitung. Der Stromabnehmer wird dennoch aus Sicherheitsgründen abgebügelt. Des Weiteren werden durch Sensoren die Winkellage der Seitenarme zur Höhenerkennung und die Seitenlage des Mittelarms überwacht. Ebenfalls verbaut sind Beschleunigungssensoren zur Erkennung von Brems- und Beschleunigungsvorgängen und Drucksensoren zur Steuerung und Überwachung der pneumatischen Aktorik.
Die sichere Verriegelung des Stromabnehmers in der Parkposition wird laufend geprüft. Im angebügelten Zustand wird der Stromabnehmer auf zwei Arten kontinuierlich überwacht. Kameras erfassen beim sogenannten Panthographen-Monitoring die Kohlestreifen an der Schleifleiste. Spezielle Auswerte-Algorithmen ermitteln den Abnutzungsgrad oder beginnende Schäden. Die Karbonschleifleisten nutzen sich durch den Kontakt mit dem Fahrdraht ab. Werden abgenutzte oder soeben beschädigte Schleifleisten nicht rechtzeitig erkannt, können durch Rillen, Ausbrüche oder ungleichmäßigen Verschleiß Kontaktprobleme und damit Beschädigungen am Fahrdraht der Oberleitung entstehen. Im Extremfall reißt diese sogar. Daher ist ein rechtzeitiger Austausch der Schleifleisten notwendig, wobei andererseits aus Wirtschaftlichkeitsgründen eine maximal lange Nutzungsdauer erzielt werden soll. Das kontinuierliche Monitoring ermöglicht eine möglichst akkurate Erstellung von Prognosen für den Austausch.
Sensoren registrieren zudem die vertikale Auslenkung des Fahrdrahts. Daraus lässt sich auf den Druck am Draht schließen. Drückt der Stromabnehmer zu stark auf, nutzen sich die Kohleschicht und der Fahrdraht übermäßig ab; ist er zu gering, kann es zu Kontaktunterbrechungen und Lichtbögen kommen, die ebenfalls beide Kontaktpartner belasten. Das Überwachungssystem – welches auch prüfen kann, ob Fahrzeuge autorisiert sind, ist so konzipiert, dass es an den Masten der Oberleitung oder an Brücken montieren werden kann, um an möglichst vielen Stellen zu messen. So lassen sich zusätzlich Rückschlüsse auf den Zustand der Infrastruktur ziehen – beispielsweise der Fahrdrahtaufhängung. Der Zustand des Stromabnehmers wird an die Leitstellen, die Wartungstechniker oder an eine Onboard-Unit im LKW übermittelt.
Vorteile:
- Umweltfreundliches Konzept für Transportaufgaben, die vom Schienengütervekehr nur schlecht oder gar nicht durchgeführt werden können (Eil- und Paketdienste, Punkt-zu-Punkt Verkehre)
- Reduktion von CO2-Emissionen (abhängig von der Stromproduktion), weitere Reduktion von Stickoxiden (Problem bei Euro 6-Motoren weiter verringert, Problem Stickstoffdioxid) und Feinstaub / Dieselruß. Die OECD schätzt, dass der volkswirtschaftliche Schaden aufgrund von Luftverschmutzung vorzeitig verursachten Todesfällen bzw. Gesundheitsschäden im Jahr 2010 in Deutschland 150 Milliarden Euro betrug. Etwa die Hälfte der Luftschadstoffe in OECD-Ländern wird vom Straßenverkehr emittiert, davon stammen 90 % der Schadstoffe aus Dieselmotoren 1.
- höherer Wirkungsgrad von Elektromotoren (bis zu 97%) gegenüber Verbrennungsmotoren (~ 40 Prozent).
- Die Art des Speichermediums beeinflusst ebenfalls den Energieeffizienzgrad. Der Wirkungsgrad eines Oberleitungs-Lkw dürfte bei rund 80 % liegen. Zum Vergleich: Der Wirkungsgrad von Biosprit liegt bei 7 % bis 10 %, der von Synthesekraftstoff bei knapp 40 % und der von in Batterien gespeicherter Elektrizität bei 65 %.
- Mischbetrieb mit herkömmlichen Nutzfahrzeugen möglich
- höhere Energieeffizienz durch Rekuperation von Bremsenergie und dem möglichen Einspeisen in das öffentliche Stromnetz
- Hohe Flexibilität durch Elektro- / Dieselelektrischer / Diesel-Betrieb
- Keine Umstellung für Fahrer und Spediteur dank des hohen Automatisierungsgrads
- höhere Beschleunigungswerte, Vorteil auf Strecken mit extremen Steigungswerten
- Verringerung des Gewichts durch Verzicht auf das Schaltgetriebe und bei Einbau von Radnabenmotoren durch Verzicht auf Kardanwelle und Ausgleichsgetriebe
- keine Verminderung von Achslast und Ladekapazität
- Verringerung der Erdölabhängigkeit des Transportsektors: Der Ölverbrauch des Verkehrssektors sank zwischen 2010 und 2011 um 0,6 Prozent. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass 2012 etwa vier Prozent weniger Kraftstoff im Vergleich zum Jahr 2011 abgesetzt wurde. Jedoch ist zu bedenken, dass die vergangenen Jahre von wirtschaftlicher Stagnation bzw. Rezession vor allem in Südosteuropa geprägt waren. In Folge sind das Transportaufkommen und daraus abgeleitet die Fahrleistung zurückgegangen. Eine wirtschaftliche Erholung dürfte jedoch den Ölverbrauch wieder steigen lassen, da die Effizenzgewinne der vergangenen Jahre überschaubar waren.
Nachteile:
Die Neueinführung eines Systems ist immer mit Herausforderungen verbunden, die zunächst natürlich nachtteilig erscheinen. Die Implementierungskosten sollten aber für eine richtige Bewertung allerdings in Kontext zu den Vorteilen gesetzt werden, insbesondere die gesunkenen Gesundheitskosten durch bessere Luftqualität.
- Hohe Investitions- und Implementierungskosten: Für die Elektrifizierung eines Kilometers Autobahn rechne ich mit Kosten zwischen zwei und drei Millionen Euro je Kilometer (vgl. auch VDI Nachrichten vom 27.04.2012). Die Kosten sind abhängig von den Streckengegebenheiten. So könnten beispielsweise Querungsbauwerke aufgeweitet werden müssen. Bei Brückenbauwerken könnte es nötig sein, den Überbau durch eine Stahlbeton-Fahrbahnwanne zu ersetzen, da die notwendigen Fahrleitungsmasten aus statischen Gründen nicht direkt im Brückenbauwerk verankert werden können. Für die deutschen Autobahnen A1 bis A9 mit einer Streckenlänge von etwa 5700 km ergäben sich Investitionskosten von rund 11,5 Milliarden Euro.
- Ein weitere Problem könnte die Erdung von Oberleitungen bei Unfällen, etc. sein. Hier müssten die Strukturen der Feuerwehren und anderer Hilfskräfte angepasst werden und entsprechende Erdungssätze beschafft werden. Hinzu kommt die flächendeckende Ausbildung der Feuerwehrleute. Für die Übernahme dieser Aufgaben wären die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Interessant wird auch der Abstand der Unterwerke, die Länge des versorgten Leitungsnetzes durch ein Unterwerk und die Ausfallsicherheit bzw. Redundanz (auch im Falle eines Unfalls).
- Forschungsbedarf besteht sicherlich auch in Sachen Energiebedarf von schweren Nutzfahrzeugen und der entsprechenden Stromversorgung.
Der Einsatz des eHighway-Systems in Deutschland
Szenario für einen Einsatz des eHighway-Systems in Deutschland auf dem Kernautobahnnetz (A 1 – A 10) und Ertüchtigung von Lkw im Fernverkehr für den elektrischen Betrieb:
Rund 5000 der 13.000 Autobahn-Kilometer in Deutschland sollen sich für den Verkehr mit Oberleitungs-Lkw eignen. Unter optimalen Bedingungen solle sogar eine Bespannung von etwa 400 Kilometern ausreichend, um Bordbatterien an verteilten Oberleitungsabschnitten zwischenzuladen und somit den Einsatz von Oberleitungs-Lkw auf dem gesamten deutschen Autobahnnetz zu ermöglichen. Weitere Informationen zum eHighway lassen sich bei Siemens finden.
Pilotstrecken in Deutschland
Im Oktober 2015 hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit die Förderbedingungen 2015 für das Förderprogramm „Erneuerbar Mobil“ bekannt gegeben. Bestandteil des Förderprogramms ist die Erprobung des oberleitungsgebundenen, elektrischen Betriebs von schweren Nutzfahrzeugen. In einem Feldversuch im öffentlichen Straßenraum sollen die Ergebnisse bisheriger Forschungsarbeiten des BMUB-Projekts ENUBA erprobt werden. Die Ergebnisse der bisherigen Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass die untersuchten Konzepte und Systeme das Potenzial für ökonomisch und ökologisch nachhaltige Lösungen für den schweren Straßengüterverkehr besitzen. Die Pilotstrecke sollte ursprünglich im zweiten Halbjahr 2016 konkret geplant und 2017 errichtet werden. Gegenstand der Förderung sind:
- Realisierung einer Pilotstrecke zur Energieversorgung elektrisch angetriebener schwerer Nutzfahrzeuge via Oberleitung im öffentlichen Straßenraum sowie eines realitätsnahen, elektrischen Betriebs dieser Fahrzeuge an der Oberleitung.
- Erforschung aller relevanten verkehrs- und energietechnischen, ökologischen und ökonomischen Aspekte, die für einen späteren Ausbau des Systems relevant sind.
- Untersuchung von Funktionalität und Zuverlässigkeit der neuen Fahrzeug- und Infrastruktursysteme im Realbetrieb
Zur Realisierung einer möglichst anwendungsnahen Erprobung ist die Einbindung mindestens einer Spedition bzw. eines Transportunternehmens ebenso Voraussetzung wie die Beteiligung der für den genutzten Straßenraum verantwortlichen Gebietskörperschaft(en). Anfang 2017 wurden zwei Autobahnabschnitte bekannt gegeben, auf welchen spätestens ab Ende 2018 Oberleitungs-Lkw erprobt werden sollen. Das Bundesumweltministerium fördert das Pilotvorhaben mit 14 Millionen Euro. Die Ausrüstungskosten für einen Autobahnkilometer werden mit zwei Millionen Euro angegeben (ein Kilometer Oberleitung beidseitig mit entsprechenden Unterwerken). Der Testbetrieb soll voraussichtlich zwei bis drei Jahre laufen und mit jeweils drei bis vier Millionen Euro aus Mitteln des Förderprogramms Erneuerbar Mobil gefördert werden.
Teststrecke in Hessen
In Hessen soll ein sechs Kilometer langer Abschnitt der A 5 zwischen der AS Weiterstadt (Gewerbegebiet Darmstadt-Nord) und der AS Zeppelinheim (südlicher Teil des Frankfurter Flughafens) jeweils beidseitig mit Oberleitungen ausgestattet werden. Auf der Teststrecke sollen fünf Lkw von Scania erprobt werden. Speditionspartner werden die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG (RWZ), Ludwig Meyer Logistik und die Spedition Hans Adam Schanz. Die exakte Position des Oberleitungsabschnittes auf dem insgesamt 15 Kilometer langen Streckenabschnitt soll im Planungsverfahren festgelegt werden.
Teststrecke in Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein soll ein 6,5 Kilometer langer Abschnitt der A 1 zwischen dem Logistikzentrum Reinfeld und dem Autobahnkreuz Lübeck jeweils beidseitig mit Oberleitungen ausgestattet werden. Dieser Abschnitt wird täglich von rund 9.000 Lkw befahren. Speditionspartner wird die Spedition Bode aus Reinfeld.
Lkw der Reinfelder Spedition verkehren zwischen dem Logistikzentrum in Reinfeld und dem CTL Cargo-Terminal Lehmann im Lübecker Hafen. An der Oberleitung sollen zudem die Bordbatterien der Lkw aufgeladen werden, sodass die rund 25 Kilometer lange Strecke im Idealfall in Gänze elektrisch zurückgelegt werden kann. Im Lübecker Hafen werden die Auflieger, in welchen primär Güter für die skandinavischen Lidl-Märkte transportiert werden, auf Züge verladen und verschifft.
Die Abstände zwischen den Oberleitungsmasten sollen rund 65 Metern betragen. Die Oberleitung (670 Volt) wird in einer Höhe von rund fünf Metern angebracht.
Interstate Highway 710 (I-710) – Die prädestinierte Strecke
Der Zugang zum Hafen von Los Angeles mit rund 30 Quadratkilometer Fläche und 7,8 Millionen TEU Umschlag und der Zugang zum Hafen von Long Beach mit rund 6,3 Millionen TEU Umschlagvolumen liegen ganze fünf Meilen auseinander. Die Hafengebiete grenzen direkt aneinander an. Über beide Häfen kommen rund 40 Prozent aller Importgüter in die USA. Die Häfen in der San Pedro-Bucht sind die größten in Nordamerika und das Umschlagvolumen soll sich von 14 Millionen TEU (2010) auf rund 43 Millionen TEU im Jahr 2035 steigern.
Neben den Bahnanlagen in Vernon und East Los Angeles sowie dem Pomona- und San Bernardino-Freeway, welche wiederum Los Angeles an die Bahnanlagen in San Bernardino und Colton anschließen, verbindet die I-710 beide Häfen direkt über die Gerald Desmond Bridge miteinander. Sowohl see- als auch landseitig herrscht Dauerstau, sodass Experten davon ausgehen, dass der Hafenkomplex seine technische Kapazität bereits überschritten habe. Um die Kapazität zu erhöhen, sollen neue Terminalanlagen errichtet werden, was eine Anpassung der landseitigen Anbindung ebenfalls notwendig macht.
Zurzeit befahren etwa 35.000 Lkw am Tag den Interstate 710. Durch eine weitere räumliche Separierung wird der Verkehr noch weiter zunehmen. Um der wachsenden Verkehrsmenge gerecht zu werden, soll die I-710 nun ausgebaut werden. Der Ersatz der Gerald Desmond Bridge durch einen 1,3 Milliarden US-Dollar teuren Neubau ist ebenfalls geplant und bereits genehmigt.
Mit einer separaten Lkw-Hochstraße sollen Personen- und Güterverkehr entkoppelt und gleichzeitig die Emissionen gesenkt werden. Die Interstate 710 soll zum ersten eHighway weltweit werden und den Shuttleverkehr zwischen beiden Terminals besser fließen sowie die Luftqualität steigern. Ursprünglich sollte bis Juli 2015 eine insgesamt drei Kilometer lange Pilotstrecke zwischen den Häfen Long Beach und Los Angeles entlang der California State Route 47 gebaut werden. Über ein Jahr hinweg sollten entsprechende Erfahrungen gewonnen werden.
Die Strecke verläuft auf einem Abschnitt der Alameda Street in Nord- und Süd-Richtung in Carson auf Höhe des Sepulveda Boulevard, welcher die Alameda Street quert. Die Teststrecke verläuft je 1,5 Kilometer in Nord- und 1,5 Kilometer in Südrichtung. Der Test soll Stand Juni 2016 nun im Jahr 2017 erfolgen.
Siemens kooperiert in den USA mit dem Lastwagenhersteller Mack, einer Tochter von Volvo, und dem Umrüst-Spezialisten Transpower. Bis zu vier Lkw mit unterschiedlichen Antriebskonzepten sollen an dem Test teilnehmen (u.a. ein rein elektrisch betriebener Lkw und ein Fahrzeug mit Gas-Hybrid-Technik). Die Fahrzeuge werden bei regionalen Logistikunternehmen in die Flotten integriert und hauptsächlich zum Transport von Standard-Seecontainern eingesetzt.
Eisenerztransporte zwischen Kaunisvaara und Svappavaara
Die eHighway-Technologie könnte auch für den Transport von Eisenerz zwischen den Minen bei Kaunisvaara und dem Verladeterminal in Svappavaara genutzt werden. Siemens und Scania haben gemeinsam einen Lkw entwickelt, der auf der 162 Kilometer langen Strecke zum Einsatz kommen könnte. Weitere Informationen zu dem geplanten Einsatz in Nordschweden finden Sie hier.
Elektrifizierung der E16 im schwedischen Regierungsbezirk Gävleborg
In Mittelschweden ist ein zwei Kilometer langer Autobahnabschnitt der E16 von Sandviken und Kungsgården / Storvik mit einer Oberleitung versehen worden. Er wurde am 22. Juni 2016 eröffnet.
Die sich dort befindenden Industrieregionen Dalarna und Gävleborg sind vor allem durch die Stahl-, Papier-, Zellstoff- und Bergbauindustrie geprägt. Das schwedische Zentralamt für Verkehrswesen, Trafikverket, und der Regierungsbezirk Gävleborg haben dem Konsortium aus Sandvik, SSAB, Scania und Siemens sowie der Hochschule Gävle in der dritten Projektphase den Zuschlag erteilt, in die Ausführungsplanung zu gehen. Das Vorhaben wurde mit umgerechnet rund acht Millionen Euro vom schwedischen Staat gefördert.
In der zweijährigen Demonstrationsphase kommen zwei Diesel-Hybrid-Lkw zum Einsatz. Die schwedische Transportbehörde Trafikverket und der Regierungsbezirk Gävleborg möchten Erkenntnisse darüber sammeln, ob sich das Siemens-eHighway-System für eine zukünftige dauerhafte kommerzielle Nutzung und einen weiteren Ausbau eignet. Der durchschnittliche Diesel-Verbrauch soll von rund 30 Liter / 100 km auf rund 10 Liter / 100 km sinken.
Perspektivisch soll die gesamte Strecke zwischen Borlänge und dem Hafen Gävle sowie einer Stichstrecke nach Avesta im Umfang von rund 110 Kilometern elektrifiziert werden. Die Kosten hierfür werden auf 1,2 Milliarden Schwedische Kronen, umgerechnet 127,5 Millionen Euro, geschätzt. Die Investition soll sich innerhalb von vier bis sieben Jahren amortisieren.
Zero Emission Corridor: Wasserstoff-Lkw zwischen dem Port of Los Angeles und Long Beach
Im November 2013 vereinbarten der US-amerikanische Hersteller von Wasserstoff-Fahrzeugen, Vision Industries, mit dem South Coast Air Quality Management District of California die Lieferung von vier Wasserstoff-Lkw. Die Fahrzeuge sollen zwei Jahre lang im Verkehr zwischen dem Port of Los Angeles und Long Beach getestet werden. Der Test wird vom Department of Energy mit 950.000 USD co-finanziert und durch die Total Transportation Services Inc. (TTS-I) durchgeführt.
Im Juli 2015 hat die California Energy Commission (CEC) weitere 2,6 Millionen US-Dollar für den Test von sieben Wasserstoff-Hybrid-Lkw bereitgestellt. Die batterieelektrischen Lkw des Herstellers Hydrogenics USA Inc. sind mit einer Brennstoffzelle zur Verlängerung der Reichweite ausgestattet. Die Hydrogenics-Brennstoffzellentechnologie CelerityPlus wird mit dem modularen Antriebssystem ELFA von Siemens verbaut.
Die Mittel stammen aus dem Alternative and Renewable Fuel and Vehicle Technology Program (ARFVTP). Laut Förderbedingungen müssen die Lkw ein Gewicht von mindestens ~36,3 Tonnen ziehen, die Steigung von 6% über die Vincent Thomas Bridge bewältigen und typische Lkw-Geschwindigkeiten auf dem Freeway erreichen. Zwischen den Tankstopps / Ladevorgängen müssen mindestens 100 Meilen (~160 km) liegen.
Aktualisierungen
05.08.2014 – Details zum Pilottest des eHighway in Kalifornien hinzugefügt.
17.09.2014 – Details zu ENUBA 2 und den Planungen in Schweden ergänzt
18.01.2015 – Details zum Stromabnehmer-Monitoring ergänzt
06.06.2015 – Weitere Details zum Testeinsatz auf der E16 in Schweden ergänzt.
22.08.2015 – Informationen zum Test von Wasserstoff-Hybrid-Lkw in Kalifornien ergänzt.
16.11.2015 – Erste Informationen zu einem Pilotversuch im öffentlichen Straßennetz in Deutschland eingefügt
27.06.2016 – Das zweijährige Testvorhaben in Schweden wurde begonnen, Details zu geplanten Tests in Kalifornien hinzugefügt
07.02.2017 – Erste Informationen zu den geplanten Teststrecken in Hessen und Schleswig-Holstein hinzugefügt.
- OECD (2014), The Cost of Air Pollution: Health Impacts of Road Transport, OECD Publishing. doi: 10.1787/9789264210448-en ↩